Sonntag, 17. November 2013

Rabenmama

„Bist du etwa wieder mit einer vollen Stelle eingestiegen?“, fragte mich vor einigen Tagen eine Kollegin weil sie mich nach der 6. Schulstunde im Lehrerzimmer antraf. Erschrocken schaute ich daraufhin auf die Uhr in der Annahme ich habe meine Uhr falsch gestellt. Dem war nicht so und fragend schaute ich sie an und erklärte, dass ich 20 Wochenstunden arbeite. Und hin und wieder auch mal eine sechste Stunde. Das sei ja auch für den Anfang und der Rückkehr aus der Elternzeit vollkommen ausreichend, erwiderte sie, denn sie stelle es sich schon stressig genug vor. Die ganze Fahrerei inklusive dem Hinbringen und Abholen des Kindes zur Tagesmutter etc. Das klappe eigentlich recht gut, sagte ich und man baue mit der Zeit ein ganz gutes Zeitmanagement auf. Sie zuckte daraufhin nur mit den Schultern und zack da war es wieder: Mein schlechtes Gewissen. Nicht etwa weil ich „nur“ 20 Stunden arbeite, sondern weil ich mal wieder das Gefühl hatte mich rechtfertigen zu müssen, dass ich überhaupt 20 Stunden arbeite. „Wie verkraftet das deine Tochter?“, schoss sie noch nach. Nachdem ich dann meinte sie sei wohlauf und mache einen absolut glücklichen und zufriedenen Eindruck ebbte das Gespräch langsam ab. Ich hatte ja auch schließlich die Fahrerei und das Abholen vor mir... Das "etc."- was auch immer es sein soll-  nicht zu vergessen.
Solche Situationen hatte ich in den letzten Monaten zu genüge und ich fürchte fast, dass sie erst einmal nicht verschwinden werden. Es ist unglaublich welche Hansel meinen, sie müssen zu einer Situation die sie selbst nicht kennen ihren Senf abgeben. Ich kann es ja irgendwie noch nachvollziehen und verzeihen wenn das Gegenüber sowohl Mama als auch berufstätig ist. Nur gibt es mit ihnen nie eine solche „Diskussion“. Meine persönlichen Gesprächspartner-Favoriten sind kinderlose Männer. Die mir dann erzählen dass sie es ja als Kind besser fanden, dass die eigene Mama zu Hause war. Ist halt die Frage wie die betreffende Mama das fand.
Nichts gegen Vollzeitmamas, sie machen einen tollen Job und nachdem ich diesen auch 1,5 Jahre ausgeübt habe, kann ich für mich noch bestimmter und überzeugter als vorher sagen, dass es für mich nichts wäre. Trotzdem habe ich jedes Mal nach solchen Gesprächen einen Anflug von schlechtem Gewissen. Ich vermisse meine Missy dann ganz besonders und fühle mich wie eine Rabenmama weil ich sie mit ihren noch nicht mal zwei Jahren fremdbetreuen lasse. Ich beneide hier oft die Papas. Die haben solche Probleme selten. Zumindest kenne ich keinen Mann, der sich dahingehend so seine Gedanken macht oder mit anderen Vätern über seine gedrosselte Arbeitsstundenzahl redet:
"Also ich arbeite jetzt auch wieder, aber erst mal nicht voll." "Wegen deiner Tochter? Ist auch besser so. Kinder sollten hauptsächlich bei den Vätern sein. Wie schaffst du das dann alles? Ich meine es ist ja schon anstrengend alles unter einen Hut zu bekommen. Hilft deine Frau wenigstens im Haushalt mit?"...

Papas denken anders und machen sich seltener so einen Kopf wie Mamas. Beispiel: Sie bringen die Kinder im günstigen Fall in die KiTa oder zur Tagesmutter, fahren zur Arbeit und arbeiten. Eine Mama macht das auch, nur denkt sie an der Arbeit wahrscheinlich zig Mal an den Nachwuchs. Wie es ihm geht, ob man auch genug Wechselklamotten eigepackt hat, die richtige Mütze aufs Köpfchen gesetzt hat, das Kind nicht vielleicht doch eine leicht warme Stirn hatte, schaut nach ob das Handy an ist, geht im Geiste mögliche Vorgehensweisen für eine mögliche Krankheit des Kindes durch, plant einen Apothekenbesuch auf dem Heimweg um eventuell benötigte Fieberzäpfchen zu kaufen, schaut wieder auf das Handy, arbeitet nebenbei, fährt am Ende des Arbeitstages nach Hause und holt einen freudestrahlenden Nachwuchs ab.

Also nicht immer, aber manchmal ist das eben so. 

Trotzdem liebe ich meinen Job und weiß trotz stummen Vorwürfen anderer, dass die momentane Situation für alle passt und jeden zufrieden macht :-)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Vielleicht beruhigt es dich, dass Kommentare in jeder Lebenslage auf einen einprasseln: "Und, was machst du so? Oder bist du nur Hausfrau und Mutter?" ;)
Dann relativiert sich alles ein bisschen. Finde ich.

Herzmutter hat gesagt…

Oh das kenne ich auch nur zu gut; egal in welchem Bereich es ist sowieso falsch und jeder weiß es besser... am besten find ich ja die Schwiegerfamilie, die sich zum einen (Oma und Opa) über das Arbeiten an sich aufregen "Ohne wird sie das verkraften..." und zum anderen (Schwägerin + Schwager) sich ständig darüber verlustieren was für ein Weichei ich bin "Was du kannst dich nicht trennen und sie heult? Ich war ja froh als ich wieder arbeiten gehen durfte". Grauenhaft :) Und die Kinderlosen denken sowieso nur in Fernseh - Einheiten so scheint es mir; immer dem Klischee hinterher!

Liebe Grüße, Janina