Freitag, 26. September 2014

Neues vom Neuro

Gegen Ende meines Neurologen Termins:

"So, dann haben wir das. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun Frau S.? Brauchen Sie noch etwas?"
"Nein, danke, das wars. Oder nein, doch nicht. Ich bräuchte den letzten Befund von Ihnen. Ich will den Hausarzt wechseln und die sind ja immer ganz froh wenn sie etwas Schriftliches haben."
"Haben Sie den nicht zugeschickt bekommen?"
"Nein, noch nie."
"Aber das hätten Sie sagen müssen!"
"Warum? Es ist ja nichts und da brauche ich doch auch keine Briefe. Im Zweifel haben Sie sie ja."
"Sicher, aber wollen Sie es nicht schriftlich haben? Zum Beispiel ihre Blutwerte?
"Wozu? Jetzt haben Sie ja gesagt dass meine Immunabwehr geschwächt ist durch das Medikament. Alle anderen Werte sind einwandfrei."
"Manche sammeln alle Briefe, wollen immer über alles informiert sein. Haben alles griffbereit wenn mal jemand fragt."
"Wenn wer fragt? Ich gehe doch sonst zu keinem Arzt den das interessieren könnte."
"Da haben Sie wahrscheinlich recht. Aber trotzdem. Mann will doch Bescheid über sich wissen. Sich möglichst genau informieren"
"Ich habe mich früher zu viel informiert und das ist mir alles andere als gut bekommen."

Er schaute mich über seinen Tisch an, senkte den Kopf und nickte betreten. Im Grunde war ihm klar, dass ich recht hatte. Beim Verabschieden drückte er meine Hand und murmelte: "Sie können das gut schaffen! Sie sind stärker als Sie denken."


Es dürfte eine gefühlte kleine Ewigkeit her sein, dass DAS jemand zu mir sagte. Und eine noch viel längere Ewigkeit dass ich mir es selbst sagte. Ist nämlich alles MS-mäßig ruhig wie momentan gibt es keinen Grund dazu. Aus diesem Grund, wie auch aus einem anderen, fordere ich keine Arztbefunde an. Es passt dann einfach nicht in das momentane Leben. Und selbst wenn die Gesundheit holpert bringt es mal so was von gar nicht wenn ich das auch noch schwarz auf weiß vor mir liegen habe. Ändern kann ich dann sowieso nichts. Auch jetzt. Was bringt mir die Information dass meine weiße Blutkörperchen sich nahe des Kellers befinden? Für das Medikament ist es normal, es hat also keine Folgen. Mal abgesehen davon dass ich schwer zu kämpfen hätte, wenn ich es absetzen müsste. Einen härteren Schlag könnte es zu Zeit nicht geben.
Der andere Grund ist die Vergangenheit. In den Anfangsjahren kannte ich sehr wohl die genauen Inhalte der Befunde und wie oft bin ich fast daran zerbrochen. Die einzigen Auswirkungen waren jedes Mal die Erkenntnis dass ich wie jeder andere auch gegen die Krankheit hilflos bin. Abgesehen von der Ausübung von Sport, sich möglichst gesund zu ernähren und Stressvermeidung (selbst das ist kein Garant dafür dass man nie mehr einen Schub bekommt) ist man ihr doch mehr oder minder ausgeliefert. Ist halt so (*argh*).

Man mag mein Vorgehen/Sichtweise als resigniert betrachten und bis zu einem gewissen Grad ist es das auch. Aber ich muss Abstriche machen und diese sind für mich zu verkraften.

Meinen verschütteten Glauben an meine Stärken sollte ich aber wohl in der Tat mal wieder ausbuddeln.

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