Sonntag, 11. Mai 2014

Beziehungsweise Teil 3

"Was vermisst du denn am Meisten?" Diese Frage kommt hin und wieder auf. In der Regel lässt sich das Gegenüber in vier verschiedene Personengruppen unterteilen:

  1. Die, die Eltern sind und diesen verklärten Gesichtsausdruck bekommen wenn sie an frühere Reisen als "nur Paar" denken. Diese Personengruppe verurteilt nicht und versteht.
  2. Die, die Eltern sind und diesen verständnislosen Gesichtsausdruck bekommen wenn man selbst von Reisen spricht, die man "nur" als Paar erlebt hat. Diese Personengruppe vermisst also nichts.
  3. Die, die noch keine Eltern sind und denen etwas mulmig ist/wird.
  4. Die, die noch keine Eltern sind und die felsenfest davon überzeugt sind, dass sie alles so weiter machen werden. Kind hin oder her.
Wahrscheinlich habe ich vor Missys Geburt zur letzten Gruppe gehört...


Aber was vermisse ich denn nun am Meisten und warum vermisse ich überhaupt etwas? Schließlich habe ich ein wunderbares, fröhliches, manchmal sehr lautes und willensstarkes aber gesundes Kind. Ich arbeite, es geht mir gut, ich habe einen Mann, eine Wohnung, Freunde. was also soll das und was hat das mit dem Titel dieses Posts zu tun? Die Personengruppen 2 und 4 werden meine Antworten wohl verwerflich finden und sagen, dass ich es ja vorher gewusst hätte...

Ich vermisse es manchmal meine Ruhe zu haben. Ich vermisse es auszuschlafen. Ich vermisse es abends spontan wegzugehen. Ich vermisse es nicht über jede Planung hundert Mal nachdenken zu müssen. Ich vermisse es an einem Sonntag einfach nur mal auf der Couch rumzuliegen und zu lesen. Und ich vermisse die Beziehung die ich früher hatte. Ich vermisse den Mann, der einfach nur mein Mann war. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass man sich als Paar so verändern kann wenn ein kleiner Mensch da ist. Manchmal denke ich wir waren einfach zu festgefahren als Paar, hatten zu sehr unsere Muster. Haben uns zu sehr gesagt, dass wir nie so werden wollen wie beispielsweise unsere Eltern. Wollten nie zu spießig werden. Dachten wir hätten mit meiner MS einiges durchgemacht. Wollten eben unbedingt in die vierte Gruppe gehören. Wollten unser Kind gelassen großziehen. 
Der Informatiker kontert oft bei meinen Punkten des "Was ich manchmal vermisse". Recht hat er wohl damit, denn im Grunde habe ich nach 19 Uhr absolute Ruhe. Ist sie fit und gut drauf schläft Missy manchmal dann sogar bis 8.30 Uhr wenn nicht sogar länger. Außerdem bin ich in der Regel sowieso gegen 7 Uhr wach dank meines Arbeitsrhythmus'. Lesen kann ich in meiner Mittagspause und Abends. Das spontane Weggehen hat uns früher einiges an Geld für zu viel schlechte Kinofilme gekostet. Jetzt kommt einmal pro Woche die Nanny und wir gehen entweder fein essen oder in (hoffentlich) gute Filme. Dass er selbst ähnliche Punkte gerne aufzählt und ich entsprechend kontere macht das Ganze ein wenig unglaubwürdig. Für uns beide. Denn natürlich haben wir alles irgendwie vorher wissen können und natürlich würden wir unsere Missy im Leben nicht mehr hergeben. Und natürlich ist das alles Kleinkram und man könnte es deutlich leichter haben, wäre man/Paar nicht zu festgefahren. Aber selbst das ist leicht daher getippt. Die, die wir mal waren, können und werden wir nicht mehr sein. Wir lachen nun über andere Dinge, streiten über andere Nichtigkeiten, schweigen über neues Ungesagtes, und werden Schritt für Schritt, jeder auf seine Art erwachsener. Die Kunst liegt jetzt darin, die Schritte nebeneinander zu machen. Nicht im Gleichschritt und selben Tempo, denn anzunehmen dass so etwas funktioniert ist utopisch. Ein genaues Ziel kann man sich wohl auch nicht stecken, denn dafür ist ein Kleinkind eben zu viel Kleinkind. Da kann ein Samstag hervorragend ablaufen und schon den Sonntag möchte man am liebsten noch noch verschlafen... ab 9.30h.... Und schon entfernen sich die Schritte voneinander. Nach der Kunst kommt die Kür und diese liegt wohl eindeutig darin, dass man es schafft trotz Abweichung die gemeinsamen Schritte im Auge zu behalten. 
Und immer daran zu denken dass man sich ja auch arg lieb hat.

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