Freitag, 28. November 2014

"Sie verdrängen mir zu viel!"...

...sprach der Neurologe am Montag und schrieb mich erst mal für zwei Wochen krank. "Schalten Sie ein paar Gänge zurück. Es wird sonst nur schlimmer werden!"
Was war passiert? Der Schub den ich als solchen nicht sehen/anerkennen wollte bzw. seine Symptome uferten aus. Sprich ich schleppte mich im wahrsten Sinne am besagten Montag an die Arbeit, nur um fest zu stellen dass ich nicht mehr kann. Verständnis und Unverständnis erwarteten mich dort. Verständnis weil man mir angeblich schon länger angesehen hatte dass es mir nicht gut ging und Unverständnis weil ich nicht schon eher die Notbremse gezogen habe.
Den Rest des Tages verbrachte ich dann im Wartezimmer des Neurologen. Fünf Stunden lang. (Gut für mein Buch). Mit was ging ich dann abends raus? Mit der Krankmeldung, einer Überweisung inkl. Termin für ein MRT und der Option auf Cortison falls ich mich dazu "durchringen könnte". Und eben mit dem Hinweis, dass ich zu viel verdränge. Hat er recht? Nein, meinte ich zuerst. Bis dann alles mit geballter Wucht kam.
Heute MRT Termin. Nur Kopf Untersuchung und nicht wie eigentlich erbeten auch Hals und Rücken, denn genau dort werden neue Entzündungen vermutet die wohl für die aktuellen Symptome verantwortlich sind. Aber gut, als "reingeschobener Termin" hat man da nicht viel mitzureden. Also bekommt man eben nur das Köpfchen gezeigt und sieht dass dort keine akuten Entzündungen sind. Sollte einen ja freuen. Man sieht aber auch zu viel was schon kaputt ist und weiß von früheren Untersuchungen dass es auch damals schon so aussah. Dass es eben nicht wieder heilt. Und man sitzt dort, ist sich darüber vollkommen im Klaren und denkt: "Jetzt mal ein Tränchen, na komm, das darf mal sein. Das ist alles ziemlich sch.... Los, komm, mal ein Gefühl zeigen." Aber nichts kommt. Als wäre alles futsch. Du spürst gar nichts, fast so als würde jede Narbe im Kopf - und nichts anderes ist es - auch eine Narbe in meinen Gefühlen bedeuten.

"Ich bin schon 33," sagte ich vorgestern Abend dem Informatiker, "und zum ersten Mal in den ganzen MS Jahren habe ich Angst vor der Zukunft." Wahrscheinlich war ich selten ehrlicher zu mir selbst. Der Abend verging, ich beruhigte mich wieder, ließ mich trösten, schlief irgendwann ein.
Das ist zwei Tage und ein MRT Bild her. Zeit die ich nutzen sollte um mich auszuruhen. Zeit die an mir vorbeilief. Zeit in der ich so gut wie nichts gefühlt und gespürt habe außer dieser besch... Übelkeit die von dem unheimlich besch... Schindel herrührt.
Und wo ist da jetzt die "geballte Wucht"? In der Erkenntnis dass ich nicht mehr kann. Dass mich diese Angst taub und blind gemacht hat und macht.
Ich dachte immer ich kann alles schaffen. Ich wollte immer möglichst alles haben und machen wie andere. Berufstätig sein mit Kind, Berufstätig sein mit MS, MS mit Kind, MS mit Mann, Kind mit Mann, Abordnung an eine andere (Haupt)Schule.
Ich will es alles schaffen, denn ich hab doch nicht so viel Zeit wie andere. Oder wie mal jemand zu mir sagte: "Naja, ist ja schon ok dass sie dich verbeamten. So lange wirst du ja nicht arbeiten können."
Und genau das realisiere ich gerade.

1 Kommentar:

Conifere hat gesagt…

Die moderne Medizin veführt dazu, den Menschen nicht mehr als Menschen, sondern als Objekt zu betrachten. Schnell ein MRT und ein paar Pillen sind jetzt der Königsstandard. Alles ist viel zu kalt geworden. C. Pantel